Puh, mein lieber Herr Gesangsverein und Vizeweltmeister, das war ein hartes Stück Arbeit. Nach einem glanzlosen Match kämpft sich Japan mit viel Herz bis ins Elferschießen, um dann dreimal an Kroatiens Keeper Livaković zu scheitern. Allein Asano (!) trifft für die Japaner vom Punkt. Jetzt aber ab nach Hause, der Abstiegskampf wartet. Ein Tor im Ruhrstadion wäre die Steigerung von fällig, nämlich überfällig.
Beim Abendspiel bittet Brasilien das Team von Südkorea zum Tanz. Die erste positive Nachricht: Das Traumduo Béla Réthy und Sandro Wagner dribbelt uns wieder ihren feinen Mix aus soliden Analysen, unverzichtbaren Fakten und launigen Kommentaren auf die Wohnzimmercouch. O-Ton Sandro Wagner: „Ich leg mich mal früh im Spiel fest, heute ist eine Überraschung drin.“
Da schießt der ex-Stürmer aber um Schamhaaresbreite vorbei, die Party geht los, zwei Torschüsse, zwei Tore, nach zwölf Minuten hat Südkorea den Caipirinha schon auf. Richarlison setzt noch einen drauf: Hatte er schon mit seinem Flugvolley gegen Serbien das bislang schönste Turniertor erzielt, macht er sich in der 29. Minute nach einer unglaublichen Ballstafette mit dem 3:0 für Brasilien unsterblich. Gänsehautentzündung. Nach einem weiteren Gegentreffer torkeln die „Taegeuk Warriors“ zum Pausentee.
Die zweite Hälfte ist dann nur noch Ergebnisverwaltung von beiden Seiten, die einen müssen nicht mehr, die anderen können nicht mehr, außer den Ehrentreffer.
Mit Südkorea verabschiedet sich auch das letzte Team aus Asien von diesem Wettbewerb.
Zum dritten Mal hintereinander schafft die Schweiz das Achtelfinale einer Fußball-Weltmeisterschaft und hierzulande fragt sich jeder: Wie machen die das? Nationaltrainer Murat Yakin hat’s vielleicht nicht erfunden, aber erfolgreich fortgeführt. Gegen Portugal am Dienstag darf man sich berechtigte Hoffnungen aufs Weiterkommen machen.
Korrektur in eigener Sache: Vor ein paar Tagen wurde an dieser Stelle Polens Keeper Szczesny als bester Torhüter des Turniers bezeichnet. Das wäre er auch, wenn es keinen Yann Sommer gäbe. Die Schweizer Nummer Eins gehört seit Jahren zu den Besten der Welt, und das auch im Winter, Punkt
Die fünfte (und vermutlich letzte) Staffel der Misserfolgs-Serie „Messi und der Goldpokal“, die 2006 beim Sommermärchen begann, soll in diesem Jahr nun endlich mit dem ersehnten Happy End auslaufen. Die weltweite Fangemeinde hockt voller Ungeduld vor den Empfangsgeräten. Im Achtelfinale wartet allerdings mit den Käsigen ein schwerer Brocken. Vamos.
Als weitere Begegnung steht bisher auch der Klassiker England gegen Frankreich fest. Wenn ich jemals noch mal Geld auf eine Fußballmannschaft setzen würde, dann auf dieses französische Team. Und gegen England erst recht. Ich lass es aber, shit happens.
Die Vorrunde dieser umstrittensten WM der Geschichte ist Geschichte. Die Favoriten haben sich durchgesetzt, dazu England und einige der üblichen Glanzlichter wie Marokko, Senegal oder Japan. Dass Deutschland als „schmückendes Beiwerk“ nicht dazugehört, hat auch damit zu tun, dass die Mannschaft immer wieder in einen unerklärlichen Sekundenschlaf fiel, der regelmäßig zu Gegentoren führte. Mund abwischen, nach vorne schauen, jetzt beginnt das Turnier erst richtig. Meine Hoffnung ist, dass Sami Khedira als Sprechblase der ARD nur Vertrag für die Vorrunde hatte und Christoph Kramer und Almuth Schult ein eigenes WM-Studio bekommen.
Waren Gruppenspiele einer Fußball-Weltmeisterschaft schon jemals so spannend wie diese Woche? Wo ein Tor die gesamte Reihenfolge verändern kann, wo jeder jeden schlagen kann und bis zur letzten Sekunde gezittert werden muss? Reinster Nervenkitzel, der sich in unbeschreiblichen Jubel oder tiefste Niedergeschlagenheit Bahn bricht.
Dass der Urugayer Suárez mit allen Abwassern gewaschen ist, weiß man mittlerweile. Wie er aber nach Spielende auf der Bank versucht, seine Enttäuschung über das Ausscheiden durch Heulkrämpfe zu demonstrieren, war übelstes Schmierentheater. Er selbst scheint von seinen schauspielerischen Fähigkeiten auch nicht besonders überzeugt und stülpt sich vorsichtshalber ein Trikot über den Kopf. Jämmerlich.
Addo, Zigi, Fatawu, ene mene miste, raus bist du. Dabei hatte ich es den sympathischen Ghanaern in der Gruppe H am meisten gewünscht.
Das geht ja los wie die Feuerwehr. Chance auf Chance rollt die Maschine Richtung gegnerisches Tor, gefühlt 90 Prozent Ballbesitz. Gnabry und Kimmich nicht wiederzuerkennen, Musiala hinreißend, alle rackern, jeder verlorene Ball wird umgehend zurückgeholt. Das wirkt einschüchternd auf die Mittelamerikaner, aber richtig Angst verbreitet die Linienrichterin, die so grimmig dreinschaut, als wolle sie jemanden mit ihrer Fahne verwemsen.
Nach dreißig Minuten wird es ruhiger, fast Standfußball und Costa Rica wittert katarische Morgenluft. Da strauchelt Raum, Rüdiger patzt und Fuller steht frei vor Neuer. Irrer Reflex! Der Pausenpfiff ertönt zur rechten Zeit.
Was dann kommt, ist ein turbulente, nervenaufreibende zweite Halbzeit. Deutschland ist nervös, Costa Rica energisch, führt plötzlich 2:1 wie auch Japan im zweiten Gruppenspiel gegen Spanien. Damit wäre Japan Erster, Costa Rica Zweiter. Doch wir spielen auf Sieg, drehen das Ding durch Havertz und Füllkrug 2:4. Spanien ehrenlos, verliert und ist weiter. Uns haben 25 Minuten gegen Japan gereicht um auszuscheiden.
Ein Wort noch zur Schiedsrichterin, beste Frau auf dem Platz.
Tag der Entscheidung in den Gruppen E und F.
Spanien darf sich auf einen heißen Kampf gefasst machen, denn Kroatien, Vizeweltmeister von 2018, darf nicht als unbedingter Wunschgegner bezeichnet werden. Sehr körperlich, technisch klasse und mit Modric haben sie einen Mann in ihren Reihen, der auch mit 37 Jahren immer noch zu einem schweinegeilen Zaubertrick fähig ist.
Marokko gegen Deutschland im Achtelfinale? Spannend. Da weht sanft die Erinnerung an 2014 herüber, als der Gegner Algerien hieß. Also lasst uns heute Abend die Costa Rica stürmen.
Für Belgien ist Schluss. Die Gruppe war zu schwer, das Team, das über eine Dekade Spaß gemacht hat, ist alt geworden, und Lukaku bekommt die Kugel einfach nicht über die Linie. Vaarwel.